Der Zaubervogel
Einmal, als die Welt noch jung und unerforscht im Grünen, Blauen, Weißen tanzte, und die Träume gingen und sie flogen auf dem Land, auf Seen und sie schwammen in den tiefsten Meeren, warteten auf ihren Tag, erwarteten genau den Augenblick, wo sie zur Wirklichkeit erwachen, da gab es schon den Zaubervogel, und er sang.
Er sang ein Tageslied, und auch eins von der Nacht, ein Morgenlied für unsere Sonne, und ein Abschiedslied am Abend, wenn der Himmel voll von farbigen Geheimnissen das Ultraviolet erstehen läßt.
Der Zaubervogel sang von seiner Liebe, sang von seiner Hoffnung, seiner Zeit, ersang, erschwörte aus den Träumen Freunde und Verwandte, ließ ein Reich entstehen, brachte Reichtum und das Neue, was schon erdacht doch nie geschehen war, nie gesehen war, und nie gehört, das erste Lied, die erste Melodie.
Und eine Melodie, sie kann nicht sein, wenn keiner da ist, der sie hört, und auch ein Lied ist nur ein Lied wenn wir es hören, und so war es, das die Träume dann zu Menschen wurden, das Lied hat sie geschaffen.
In tiefster Stille, tiefster Nacht, da ist das Lied, es kann nicht anders sein, und auch im tiefsten Herzen aller Menschen liegt das Wissen, denn wir sind vom Lied geboren, Wir sind die Resonanz, und wenn wir unsere Stimmen finden, und anfangen, das Lied zu singen, dann hört es auch der Zaubervogel, dann wird auch er zur Wirklichkeit.
Silvia Hartmann
2009
Der Zaubervogel von Silvia Hartmann
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